Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen
(= Art. 5 des SFHÄndG v. 21. August 1995, BGBl I 1050 ff.)

§ 1 Berechtigte

(1) Eine Frau hat Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz, wenn ihr die Aufbringung der Mittel für den Abbruch einer Schwangerschaft nicht zuzumuten ist und sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.

(2) Einer Frau ist die Aufbringung der Mittel im Sinne des Absatzes 1 nicht zuzumuten, wenn ihre verfügbaren Einkünfte in Geld oder Geldeswert eintausendsiebenhundert Deutsche Mark (Einkommensgrenze) nicht übersteigen und ihr persönlich kein kurzfristig verwertbares Vermögen zur Verfügung steht oder der Einsatz des Vermögens für sie eine unbillige Härte bedeuten würde. Die Einkommensgrenze erhöht sich um jeweils vierhundert Deutsche Mark für jedes Kind, dem die Frau unterhaltspflichtig ist, wenn das Kind minderjährig ist und dem ihrem Haushalt engehört oder wenn es von ihr überwiegend unterhalten wird. Übersteigen die Kosten der Unterkunft für die Frau und die Kinder, für die ihr der Zuschlag nach Satz2 zusteht, fünfhundert Deutsche Mark, so erhöht sich die Einkommensgrenze um den Mehrbetrag, höchstens jedoch um fünfhundert Deutsche Mark.

(3) Die Voraussetzungen des Ansatzes 2 gelten als erfüllt,

  1. wenn die Frau laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz, Arbeitslosenhilfesetzt, Arbeitslosenhilfe nach dem Arbeitsförderungsgesetz, Ausbildungsförderung im Rahmen der Anordnung der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbuildung oder über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhält oder
  2. wenn Kosten für die Unterbringung der Frau in einer Anstalt, einem Heim oder in einer gleichartigen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Jugendhilfe getragenn werden.

§ 2 Leistungen

(1) Leistungen sind die in § 24b Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannten Leistungen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nur bei einem nicht rechtswidrigen Abbruch einer Schwangerschaft getragen weden.

(2) Die Leistungen werden bei einem nicht rechtswidrigen oder unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 Strafgesetzbuches vorgenommenen Abbruch einer schwangerschft als Sachleistungen gewährt. Leistungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch gehen Leistungen nach diesem Gesetz vor.

§ 3 Durchführung, Zuständigkeit, Verfahren

(1) Die Leistungen werden auf Antrag durch die gesetzliche Krankenkasse gewährt, bei der die Frau gesetzlich krankenversichert ist. Besteht keine Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse, kann die Frau den Träger der gesetzlichen Krankenkasse am Ort ihres Wohnsitzes oder ihres gewöhnlichen Aufenthaltes wählen.

(2) Das Verfahren wird auf Wunsch der Frau schriftlich durchgeführt. Die Krankenkasse stellt, wenn die Voraussetzungen des § 1 vorliegen, unverzüglich eine Bescheinigung über die Kostenübernahme aus. Tatsachen sind glaubhaft zu machen.

(3)  Die Berechtigte hat die freie Wahl unter den Ärzten und Einrichtungen, die sich zur Vornahme des Eingriffs zu der in Satz 2 genannten Vergütung bereit erklären.Ärtze und Einrichtungen haben Anspruch auf die Vergütung, welche die Krankenkasse für ihre Mitglieder bei einem nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch für die Leistungen nach § 2 zahlt.

(4)  Der Artz oder die Einrichtung rechnet Leistungen nach § 2 mit der Krankenkasse ab, die die Bescheinigung nach Absatz 2 Satz 2 ausgestellt hat. Mit der Abrechnung ist zu bestätigen, daß der Abbruch der Schwangerschaft in einer Einrichtung nach § 13 Abs. 1 des Schwangerschaftkonfliktgesetzes unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1, 2 oder 3 des Strafgesetzbuches vorgenommen worden ist.

(5)  Im gesamten Verfahren ist das Persönlichkeitsrecht der Frau unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Schwangerschaft zu achten. Die beteiligten Stellen solle zusammenarbeiten und darauf hinwirken, daß sich ihre Tätigkeiten wirksam ergänzen.

§ 4 Kostenerstattung

Die Länder erstatten den gesetzlichen Krankenkassen die ihnen durch dieses Gesetz entstehenden Kosten. Das Nähere einschließlich des haushaltstechnishcen Verfahrens und der Behördenzuständigkeit regeln die Länder.

§ 5 Rechtsweg

Über öfentlich-rechtliche Streitigkeiten in den Angelegenheiten dieses Gesetzes entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit-

§ 6 Anpassung

Die in § 1 Abs. 2 genannten Beträge verändern sich um den Vomhundertsatz, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung verändert; ein nicht auf volle Deutsche Mark errechneter Betrag ist auf- oder abzurunden. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend macht die veränderten Beträge im Bundesanzeiger bekannt.

§ 7 Übergangsvorschriften

(1) Abweichend von § 1 Abs. 2 Satz 1 gilt für Frauen, die in dem Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, eine Einkommensgrenze in Höhe von eintausendfünfhundert Deutschen Mark; der Zuschlag für Kinder nach § 1 Abs. Satz 2 beträgt dreihundertsiebzig Deutsche Mark; bei den Kosten der Unterkunft nach § 1 Abs. 2 Satz 3 wird ein vierhundert Deutsche Mark übersteigender Mehrbetrag bis zur Höhe von fünfhundert Deutschen Mark berücksichtigt.

(2) Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend setzt für das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Beträge nach Absatz 1 unter Berücksichtigung der Einkommensentwicklung in dem bezeichneten Gebiet jährlich zum 1. Juli neu fest, bis Übereinstimmung mit den im übrigen Geltungsbereich des Gesetzes geltenden Beträgen besteht.